Bilanz der GroKo enttäuschend

Daumen hoch und Daumen runter

CDU, CSU und SPD hatten im Koalitionsvertrag 2018 nur wenige Ziele vereinbart, um die politische Partizipation und damit die Demokratie zu stärken. Dennoch wurde in dieser Legislaturperiode kaum etwas davon umgesetzt.

Keine Kommission, aber ein Bürger*innenrat
Die Große Koalition wollte eine Kommission einsetzen, die Vorschläge erarbeitet, wie die parlamentarische Demokratie durch weitere Elemente der Bürger*innenbeteiligung ergänzt werden kann. Bisher hat sich die Bundesregierung jedoch weder zur Zusammensetzung der Kommission, noch zum Zeitplan geäußert. Allerdings wurde eine neue Form der Bürger*innenbeteiligung bereits erprobt: Unter der Schirmherrschaft von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble fand im Frühjahr 2021 ein Bürger*innenrat zur Deutschlands Rolle in der Welt statt. 152 zufällig per Los ausgewählte Menschen erarbeiteten in zehn Online-Sitzungen außenpolitische Handlungsempfehlungen, die in einem Gutachten für die Fraktionen im Bundestag zusammengefasst wurden. Ob die Politik die Ergebnisse des Bürger*innenrats aufgreift, bleibt abzuwarten. Das Engagement für das neue Beteiligungsformat ist weniger der GroKo als vielmehr der Zivilgesellschaft zuzuschreiben. Der Ältestenrat hatte den Bürger*innenrat zwar beauftragt, finanziert wurde er jedoch durch Stiftungen. Laut Evaluationsbericht hat sich der Bürger*innenrat aber grundsätzlich als geeignetes Verfahren für eine konstruktive Beteiligung der Bürger*innen erwiesen.

Verbändebeteiligung: Zu kurze Rückmeldefristen
Für mehr Transparenz und eine bessere Beteiligung der Zivilgesellschaft wurde im Koalitionsvertrag eine digitale Plattform für alle veröffentlichten Gesetzentwürfe angekündigt. Zum Umsetzungsstand hat die Bundesregierung im Rahmen einer Kleinen Anfrage auf das IT-Rahmenkonzept des Bundes verwiesen, das auch die Erarbeitung von Empfehlungen zur E-Partizipation vorsieht. Die ersten Ergebnisse werden 2022 erwartet und sollen als Grundlage für die Konzeption der Beteiligungsplattform dienen.
Derweil beklagen die zivilgesellschaftlichen Organisationen, dass die von den Bundesministerien gesetzten Fristen für die Verbändebeteiligung immer häufiger zu kurz für eine sachgerechte Bewertung der umfangreichen Gesetzentwürfe ausfallen. Die Expertise von – auch teils ehrenamtlich arbeitenden – Vereinen und Organisationen wird dadurch nicht mehr ausreichend berücksichtigt.

Wahlrechtsrefom: So viel wie nötig, so wenig wie möglich
Eine Maßnahme, die CDU, CSU und SPD aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt haben, ist die Aufhebung der Ausschlüsse im Bundeswahlgesetz sowie im Europawahlgesetz. Bis 2019 wurden Menschen, die eine rechtliche Betreuung in allen Angelegenheiten haben, pauschal von Wahlen ausgeschlossen. Das Bundesverfassungsgericht hatte diese Praxis als verfassungswidrig eingestuft. Bei der Bundestagswahl 2021 können nun 85.000 volljährige Menschen mit Behinderung erstmals wählen. Ansonsten bleibt die Wahlrechtsreform weiterhin ein offenes Vorhaben. Seit Jahren diskutiert die Politik ergebnislos über die Verkleinerung des Bundestages. Deutschland hat mit 709 Abgeordneten das zweitgrößte Parlament der Welt, das etwa 80 Millionen Euro mehr kostet als nötig. Der Bundestag hat nun die Einsetzung einer Kommission zur Wahlrechtsreform beschlossen. Neben der Begrenzung der Größe des Bundestages stehen auch Themen wie die Absenkung des Wahlalters, eine gleichberechtigte Repräsentanz von Frauen und Männern im Bundestag und die Dauer von Legislaturperioden auf der Agenda. Der Abschlussbericht der Kommission wird jedoch erst im Juni 2023 erwartet.