
Das Europäische Parlament diskutiert am 2. Mai über eine umfassende Wahlrechtsreform. Die Vorschläge könnten – bis auf eine Ausnahme – tatsächlich die Europawahl für mehr Menschen zugänglicher machen und das europäische Bewusstsein stärken.
So soll nach dem vorliegenden Gesetzentwurf ein zusätzlicher EU-weiter Wahlkreis eingerichtet werden. Die EU-Bürger*innen könnten demnach zwei Stimmen abgeben. Eine Stimme für eine Kandidat*in aus ihrem bisherigen Wahlkreis sowie eine zweite für jemanden aus dem EU-Wahlkreis. So würden weitere 28 Mitglieder des Europäischen Parlaments gewählt werden. Europäische Parteien oder Koalitionen nationaler Parteien können transnationale Wahllisten vorschlagen, die jedoch geografisch ausgewogen zusammengesetzt sein müssen. Transnationale Listen wurden zuletzt auch im Abschlussbericht der Konferenz zur Zukunft Europas von den Bürger*innen empfohlen.
Demokratische Mindeststandards
Zum Reformpaket gehört auch die Absenkung des Wahlalters. Das passive Wahlalter soll auf 18 Jahre und das aktive Wahlalter auf 16 Jahre festgelegt werden. Ausgenommen sind die Mitgliedstaaten, in denen das Mindestwahlalter laut Verfassung 18 oder 17 Jahre ist. Durch Quoten oder das Reißverschlussverfahren bei der Listenaufstellung soll außerdem sichergestellt werden, dass sich der Frauenanteil im Europäischen Parlament erhöht. In acht Mitgliedstaaten gibt es bereits eine ähnliche Regelung.
Um das Wählen zugänglicher zu machen, soll überall eine Briefwahl möglich sein. Bisher bieten nur 13 der 27 Mitgliedsstaaten diese Alternative zum Urnengang an. Zudem müssten die Mitgliedstaaten zukünftig allen EU-Bürger*innen das Wahlrecht gewähren – auch Menschen, die eine Freiheitsstrafe verbüßen oder keinen festen Wohnsitz haben.
Undemokratische Sperrklausel
Ein bitterer Rückschlag ist die Einführung der 3,5%-Sperrklausel, die lediglich Auswirkungen auf Deutschland hat. Damit würden Millionen Stimmen von Wähler*innen nicht berücksichtigt werden. Parteien wie beispielsweise die Piratenpartei oder die Tierschutzpartei könnten es dadurch bei der nächsten Europawahl 2024 nicht mehr ins Europäische Parlament schaffen. Jedoch wurde in früheren Urteilen des Bundesverfassungsgerichts eine nationale Sperrklausel bei der Europawahl für verfassungswidrig erklärt.
Es ist unklar, welche Regelungen des Reformpakets am Ende wirklich umgesetzt werden. Bei der Abstimmung im Europäischen Parlament wird diese Woche eine solide Mehrheit erwartet, jedoch müssten im Anschluss auch die 27 Mitgliedstaaten im Europäischen Rat zustimmen.